Dienstag, 6. Januar 2009

Jim Murray's Whisky Bible - Revisited

Na endlich habe ich das Büchlein im Postkasten vorgefunden :-)

Wenn einer ein Buch mit dem bezeichneten Titel "Bibel" herausbringt, dann lohnt es sich schon einmal, das Werk etwas genauer unter die Lupe zu nehmen - nochdazu, wenn Mr. Murray der (derzeitig) einzige vollberufliche "Schreiberling" zu Whiskies ist!

Auf alle Fälle scheint Jim Murray (JM) ein sympathischer Mensch zu sein - das legt sein salopper und mit viel Witz behafteter Schreibstil nahe.
Zitat der Einleitung: "if ever there was a time the world needed a stiff drink, now it is" - jaja, in Zeiten wie diesen! Und dann ist da noch die Sache mit der Korrelation zwischen Urin, Schwefel und Whisky - herrlich!

JM ist sich auch der Tatsache bewußt, daß andere Personen zu anderen Ergebnissen bei Verkostung des gleichen Produkts kommen können - Wörter wie expectations und expirience geben einen Hinweis darauf, daß dieser Mann (zumindestens in seinen Grundzügen) mit den konstruktivistischen Lehren vertraut zu sein scheint.
Daß er dann trotzdem auf eine Punkte-Klassifikation im 100er-System setzt, relativiert vorangegangene Einschätzung. Immerhin täuscht eine Punktebewertung das Objektive und Vergleichbare vor - eine Tatsache, die aber ohne Wissen um JMs persönliche Vorlieben, Erfahrungen und Erwartungen an einen Whisky - und die bleiben leider in der Bibel unerwähnt - niemals gegeben sein kann!
Aber immerhin ist in der Punkteverteilung die Balance (Harmonie) mit einem fünfundzwanzigen Prozentanteil vetreten - das finde ich gut. Ebenso, daß er spitting bei den Whiskyverkostungen predigt - daß er dabei manchmal auf Unverständnis bei den Teilnehmern stößt, kann ich mir lebhaft vorstellen.

Was beim Durchblättern der einzelnen Destillerien sofort aufgefällt ist die schiere Anzahl an Sonderabfüllungen - zB. über 70 bei Bruichladdich oder Glenfarclas - wer soll denn da bitteschön noch den Überblick behalten? Ganz zu schweigen davon, daß ein Großteil dieser Abfüllungen oftmals nur Minimengen in regionalen Märkten bzw. nur zu speziellen Feierlichkeiten zu erhalten sind und so für den (Durchschnitts?)verbraucher & Interessierten nicht von jener Relevanz, wie die Standardabfüllungen der Destillerien sind. Umso bedauerlicher finde ich es daher, daß einige dieser Standardwhiskys wie der zB. Lagavulins 16Y oder der Caol Ila 18Y keine Berücksichtigung finden. Was nutzt die Butter, wenn das Brot fehlt?

Daß einige von JMs Beschreibungen eher "flapsig" - und daher wenig hilfreich - ausfallen, wie zB. bei Bruichladdichs Port Charlotte PC6 "ohhhhh.. arrrrrhh.. mmmm.. yessss.. oh my god.. mmmm.. arrrrr.." nehme ich ihm nicht übel - auch wenn sie für den Verbraucher wenig hilfreich sind. Ohnehin scheint JM sehr stark emotional zu verkosten - solange man sich des eingangs Erwähnten bewußt bleibt, aber kein Nachteil.

Was bleibt - den Faux Pas mit dem Whisky des Jahres (Ardbegs Uigeaidal) einmal abgesehen - ist ein (derzeit) einzigartiges Kompendium mit individueller Note und kleinen Schwächen.
Inwieweit sich mein geschmackliches Neuland mit JMs Erfahrungsschatz (zumindestens teilweise) deckungsgleich verhält, werden meine genussvollen Verkostungsversuche der Zukunft zeigen.. .

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen